Ausbau zum Montankonzern

Die Ilseder Hütte war in den ersten Jahrzehnten ihres Bestehens ein reiner Roheisenproduzent. Als die wirtschaftlichen Vorteile einer ortsnahen Weiterverarbeitung des Eisens zu Stahl und Walzprodukten immer deutlicher wurden, entstanden die dafür benötigten Stahl- und Walzwerksanlagen zunächst gesellschaftsrechtlich unabhängig im benachbarten Peine.

Die Actien-Gesellschaft Peiner Walzwerk wurde 1872 allerdings hauptsächlich von Aktionären der Ilseder Hütte gegründet und beide Unternehmen waren von Beginn an durch Abnahme- bzw. Lieferverträge eng miteinander verbunden. Als das Peiner Walzwerk 1880 seine Kapazität so gesteigert hatte, dass ein großer Teil der Ilseder Produktion dort verarbeitet werden konnte und ein weiter steigender Verbrauch absehbar war, erwarb die Ilseder Hütte das Unternehmen.

In den Folgejahren war der wirtschaftliche Erfolg der Ilseder Hütte zumeist eng mit technischen Fortschritten verknüpft. Die bereits 1881 getroffene Entscheidung für den Bau eines Thomas-Stahlwerks in Peine machte den Konzern zu einem der Pioniere bei der Einführung dieses damals noch jungen Verfahrens in Deutschland. Für die Ilseder Hütte war es besonders bedeutend, da es die Verarbeitung der heimischen phosphorreichen Erze nun endlich auch zu höherwertigen und damit gewinnbringenderen Stahlqualitäten ermöglichte.

Es folgten sowohl in Ilsede als auch in Peine unzählige weitere Verbesserungen der Anlagen und Verkehrseinrichtungen, wie beispielsweise 1902 in Peine die Inbetriebnahme eines Siemens-Martin-Stahlwerkes und 1911 die Umstellung des Roheisentransports zwischen Ilsede und Peine auf flüssiges Roheisen. Sie trugen nicht nur zur Kostenreduzierung, sondern vor allem auch zur Produktions- und Qualitätssteigerung bei.

In Peine schuf der kontinuierliche Ausbau der Walzstraßen und des Walzprogramms mit dem Schwerpunkt auf Profil- und Trägerproduktion die Voraussetzungen dafür, dass dort 1914 erstmalig das Walzen eines Breitflanschträgers mit parallelen Flanschen gelang. Die besondere Leistungsstärke des Peiner Walzwerks machte den „Peiner Träger“ international berühmt und das Unternehmen dauerhaft zum Synonym für Profilerzeugnisse in höchster Qualität. 

Im Geschäftsjahr 1920/21 begann die Ilseder Hütte mit dem Aufbau einer eigenen Steinkohlenbasis, um ihre Abhängigkeit von der Zulieferung Dritter zu reduzieren. Sie erwarb das Bergwerk Friedrich der Große in Herne/Westfalen sowie ein kleineres Bergwerk in Minden. Das Unternehmen entwickelte sich damit endgültig zu einem vertikal gegliederten Montankonzern, der – wie die Wettbewerber im Ruhrgebiet – alle Stufen vom Vormaterial bis zur Weiterverarbeitung in seinem Verbund vereinte.

1932 verlegte die Ilseder Hütte ihren Unternehmenssitz von Ilsede nach Peine.